Irgendwann zu Beginn der 2010er Jahre liess sich der isländische Nationaltrainer eine besondere Pointe einfallen: Er wechselte kurzerhand den fast 40-Jährigen Vater in seinem letzten Länderspiel gegen seinen 17-jährigen Sohn aus. Wie der Vater, so der Sohn. Sicher denken Sie wie ich spontan an die Schmeichel-Torhüter-Dynastie. Andy Egli, Schweizer Nationalverteidiger und Gewerkschaftsgründer, hatte einen leidlich talentierten Sohn, der beim FC Biel in der Nationalliga B (Challenge Leauge) kickte. Weitaus bekannter sind aber Vater und Sohn Chapuisat, die wenig gemeinsam zu haben scheinen ausser ihr Talent für Fussball.
Stéphane, in der Schweiz äusserst populär, begann seine Weltkarriere als Profifussballer in der französischsprachigen Westschweiz bei Lausanne Sports. In Lausanne herrschte damals unter Trainer Umberto Barberis Aufbruchsstimmung, Talente wie Chapuisat, Studer, Hänzi, Ohrel oder Philippe Douglas entwickelten sich rasant. Der torgefährliche Chapuisat erregte schnell die Aufmerksamkeit ausländischer Scouts und wechselte nach Deutschland zu Bayer Uerdingen, wo er nach einer schweren Knieverletzung einschlug wie eine Bombe. Schappi, wie ihn die Deutschen bald liebevoll nach einem Hundefutter nannten, konnte dribbeln, schiessen und hatte den einmaligen Riecher, zur rechten Zeit am rechten Ort zu stehen.
So verpflichtete ihn bald Borussia Dortmund unter Erfolgstrainer Othmar Hitzfeld. Chapuisat schoss im Ruhrgebiet viele Tore, avancierte zum Publikumsliebling im Westfalenstadion und gewann die deutsche Meisterschaft neben Spielern wie Sammer, Möller oder Ricken. Zudem erlebte er den gigantischen Triumph mit, als er mit dem BVB gegen Juventus Turin die Champions League gewann, sehr zum Ärger der eifersüchtigen Bayern.
Nach seiner Bundesligakarriere kehrte Chapuisat in die Schweiz zurück, zu den Young Boys, zu den Grasshoppers (GV), und schliesslich schloss sich der Kreis, als er bei Lausanne in der NLB eine letzte Saison anhängte. „Schappi“ war nicht nur ein sehr guter Spieler, er war auch eine treue Seele, loyal, ehrlich, kein Mann der grossen Worte. So ist er heute Juniorentrainer bei den Young Boys. Für die Schweizer Nationalmannschaft spielte er immer, auch auf den Färöer-Inseln bei minus zehn Grad. Ein pflegeleichter Fussballer eben.
Ganz anders beschaffen war sein Vater Pierre-Albert „Gabet“ Chapuisat, launisch, unberechenbar, überheblich, manchmal aggressiv, von sich selbst mehr als überzeugt. Vater Chapuisat spielte unter anderem wie der Sohn für Lausanne Sports, den FC Zürich und für Vevey Sports am Genfer See. Er trainierte so manche unterklassige Mannschaften. Berüchtigt war sein brutales Foul, bereits als Altstar in Bevey wirkend, an Servette Genfs Spielmacher Lucien Favre: Mit Absicht zerstörte „Gabet“ Luciens Knie. „Lulu“ Favre sollte trotz eines Auslandsabenteuers bei Toulouse (TFC) nie mehr seine alte Stärke erreichen.
Chapuisat Senior verlor später einen Strafgerichtsprozess wegen Körperverletzung. Als Spieler hatte „Gabet“ aber auch seine genialen Momente, bei denen seine stupende Technik aufblitzte. So erstaunt es nicht, dass er kurz im Ausland wirkte, beim Paris FC.
Ich habe Vater und Sohn einmal gemeinsam gesehen, nach einem Länderspiel gegen Dänemark, das unentschieden 1-1 endete. Wissen Sie, wie „Gabet“ seinen fils anredete? Mit „Schappi“...
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